Warum sollen sich Menschen für Industriekultur interessieren?
CZ: Die Industriekultur prägt das Zürcher Oberland und trägt wesentlich zur regionalen Identität bei. Sie macht die Geschichte von Arbeit, Technik und gesellschaftlichem Wandel sichtbar. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist das Museum Neuthal Textil- und Industriekultur. Solche Orte zeigen uns, woher wir kommen, helfen uns die Gegenwart besser zu verstehen und ermöglichen es, die Zukunft bewusst zu gestalten.
JF: Industriekultur fördert das Zugehörigkeitsgefühl, indem sie uns mit unseren Wurzeln verbindet und das Bewusstsein für die Herkunft alltäglicher Dinge, wie etwa unsere Kleider, schärft. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte bringt uns wieder näher zur Umwelt. Sie zeigt, wie Stoffe gefertigt werden.
CZ: In einer zunehmend digitalisierten Welt werden Stricken oder Schreinern zu bewussten Gegenbewegungen. «Knitting» oder «Visual Mending» stehen für eine nachhaltige Kultur des Erschaffens, die Sinn stiftet und glücklich macht.
JF: Genau. Was bleibt sind kulturelle Leistungen, kreatives Denken und das mit den Händen Geschaffene; all das, was auch in Zukunft nicht durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden kann.
Welche Trends lassen sich in Bezug auf die Kultur im Zürcher Oberland ausmachen?
CZ: Den Megatrend «Silver Society» beobachten wir deutlich in unserem Publikum. Diese Gruppe wächst am schnellsten. Menschen über 50 Jahre schätzen insbesondere die geografische Nähe, den sozialen Austausch und ein unaufgeregtes Angebot. Damit bedienen wir zugleich den Subtrend «Langsamkultur». Die erwähnte Nähe ist auch für Familien wichtig.
JF: Das Zürcher Oberland ist für ideal für Kulturschaffende. Diese verfügen oft über begrenzte finanzielle Mittel und sind auf bezahlbare Räume und gute Plattformen angewiesen. Hier gelingt ihnen auch die Vernetzung einfacher, was die Region zu einer «Progressiven Provinz» macht.
Wie weit ist die digitale Transformation der Kulturszene bereits fortgeschritten?
CZ: Kulturschaffende haben ein feines Gespür für transformative Kräfte und sind neugierig. Sie sind oft die Ersten, die sich mit neuen Entwicklungen auseinandersetzen. Neue Technologien werden von der Kultur nicht nur aufgenommen, sondern auch reflektiert. Aber Künstliche Intelligenz schafft natürlich auch andere Fragestellungen, wie zum Beispiel jene nach Urheberrechten.
JF: Gleichzeitig fehlt es vielerorts an personellen und finanziellen Ressourcen, um die digitale Transformation konsequent umzusetzen. Mit dem jährlich stattfindenden «Kulturapéro» schaffen wir gezielt Raum für Austausch, Wissenstransfer und Vernetzung zu solchen Themen.