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Heute Handeln, morgen erfolgreich übergeben

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Leitartikel im Zürioberland Magazin vom 24. Oktober 2025.

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In vielen Unternehmen wird die Nachfolgeregelung zu spät angegangen – mit teils gravierenden Folgen. Nur wer die Übergabe als strategischen Prozess begreift und frühzeitig gestaltet, kann den Fortbestand des Unternehmens sichern und so die Basis für zukünftige Erfolge legen. Warum das so entscheidend ist, erklärt Thomas Kocher, Managing Partner und Gründer der SOLVER Advisory AG im Interview.

In der Schweiz machen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) über 99 Prozent aller Betriebe aus. Sie gelten als Rückgrat der Wirtschaft, sie schaffen Arbeitsplätze, fördern Innovation und sichern Wohlstand. Laut Dun & Bradstreet (2025) stehen über 90’000 Unternehmen vor einer Nachfolgeregelung, besonders kleinere Betriebe mit bis zu 49 Mitarbeitenden. Bleibt die Nachfolge ungeklärt, drohen der Verlust von Arbeitsplätzen, Know-how und im schlimmsten Fall gar die Liquidation.

Was macht die Nachfolgefrage im Zürcher Oberland so relevant?
Thomas Kocher: Das Zürcher Oberland lebt von kleinen und mittleren Unternehmen, darunter viele familiengeführte «Hidden Champions». Gerade für diese Betriebe ist es entscheidend, unternehmerisches Know-how frühzeitig und strukturiert an die nächste Generation weiterzugeben, um die wirtschaftliche Stärke langfristig zu sichern.

> Lernen Sie einen Hidden Champion aus Saland kennen.

Wie beeinflussen der demografische Wandel und die veränderten Lebensentwürfe junger Menschen die Unternehmensnachfolge?
Die Generation, die heute ins Pensionsalter kommt, war stark unternehmerisch geprägt, viele arbeiten über das 65. Lebensjahr hinaus. Dadurch verschiebt sich die Nachfolgeplanung häufig nach hinten. Gleichzeitig erschwert die zunehmende Akademisierung die Suche nach geeigneten Nachfolger:innen im handwerklich-gewerblichen Bereich. Junge Menschen haben heute mehr berufliche Optionen und verfolgen andere Lebensentwürfe als frühere Generationen. Das eröffnet neue Freiheiten, macht Entscheidungen jedoch auch komplexer. Unternehmertum ist längst kein Selbstläufer mehr: Fachkräftemangel, Digitalisierung und globale Unsicherheiten stellen Unternehmen vor deutlich höhere Hürden als noch vor 30 oder 40 Jahren.

Sie sprechen von Unternehmensnachfolge als «Operation am offenen Unternehmen». Was meinen Sie damit?
Eine Unternehmensnachfolge ist hochkomplex, risikobehaftet und emotional belastend – vergleichbar mit einer Herzoperation. Der Nachfolgeprozess ist in der Regel ein einmaliges Projekt, das enorme Verantwortung mit sich bringt. Er lässt sich nicht neben dem Tagesgeschäft bewältigen. Die Übergabe verlangt volle Aufmerksamkeit und höchste Priorität. Wie bei einer Operation braucht es auch hier erfahrene Spezialisti:innen mit der nötigen Expertise und Fingerspitzengefühl. Ohne sorgfältige Vorbereitung kommt es schnell zu Komplikationen. Genau deshalb ist eine professionelle Begleitung entscheidend.

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Thomas Kocher: «Es gibt keinen zu frühen Zeitpunkt, um die Nachfolge anzupacken – aber definitiv einen zu späten.»

Warum wird die Unternehmensnachfolge oft zu spät angegangen?
Die Planung wird häufig aufgeschoben, weil ihre Komplexität unterschätzt wird. Solange der Betrieb läuft, fehlt der Handlungsdruck. Erst wenn Faktoren wie Alter, Investitionsstau oder technologische Rückstände zusammenkommen, entsteht plötzlich akuter Druck zur Entscheidung. Hinzu kommt die emotionale Abhängigkeit von der Inhaberschaft, die den Übergabeprozess zusätzlich erschwert. Eine erfolgreiche Nachfolge braucht frühzeitige Transparenz, Stellvertretungen und bewusste Vorbereitung.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Ein produzierendes KMU aus dem Zürcher Oberland mit über 20 Mitarbeitenden wollte die Nachfolge intern regeln. Bald zeigte sich jedoch: Die Abhängigkeit von den beiden Inhabern war zu gross, die Abläufe unstrukturiert und die Bilanz nicht bereinigt. Die vorgesehenen Nachfolger verloren das Vertrauen, stiegen aus und verliessen schliesslich sogar das Unternehmen. Auch externe Kaufinteressenten zogen sich zurück, abgeschreckt vom wenig professionell geführten Verkaufsprozess. Erst fünf Jahre später gelang die Übergabe, nachdem das Unternehmen mit externer Unterstützung umfassend reorganisiert und professionell auf den Verkauf vorbereitet worden war. Diese Verzögerung hätte sich mit rechtzeitiger Planung vermeiden lassen, denn fünf Jahre Verzögerung kosten meist mehr Nerven als fünf Jahre Vorbereitung.

Welche Rolle spielen Treuhänder:innen bei der Nachfolgeplanung?
Treuhänder:innen haben oft langjährige Beziehungen zum Unternehmen und geniessen das Vertrauen der Inhaber:innen. Sie können deshalb die Nachfolge frühzeitig anstossen und als neutrale Vermittler:innen agieren. Da sie im Alltag meist stark in operative Aufgaben eingebunden sind, macht es Sinn, die strategische Planung durch externe Fachpersonen zu ergänzen. Diese liefern wertvolle Impulse und unterstützen den Prozess gezielt.

Was heisst das konkret?
Nachfolgeplanung verlangt Fachwissen aus Projektmanagement, Finanzen, Steuern, Bewertung und sozialem Stakeholdermanagement. Eine Person allein kann das kaum leisten. Eine externe Begleitung sorgt dafür, dass das Unternehmen werthaltig weitergeführt werden kann und Konflikte reduziert sowie interne Ressourcen geschont werden. Gerade emotionale Meilensteine wie der Rücktritt der bisherigen Inhaberschaft aus der ersten Reihe profitieren von professioneller Moderation.

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Thomas Kocher

Managing Partner und Gründer der SOLVER Advisory AG

«Fünf Jahre Verzögerung kosten meist mehr Nerven als fünf Jahre Vorbereitung.»

Unternehmensnachfolgen scheitern oft an fehlender Struktur. Wie gehen Sie bei SOLVER vor, um dies zu verhindern?
Wir nutzen das SOLVER-Projektmodell, um Nachfolgeprozesse gezielt zu steuern – vergleichbar mit einem Cockpit: klar definierte Meilensteine, verbindliche Verantwortlichkeiten und kontinuierliche Erfolgskontrolle in allen relevanten Bereichen, von der Bilanzbereinigung bis zum finalen Eigentumsübergang. Das Ergebnis: weniger Reibungsverluste, höhere Planungssicherheit und maximale Transparenz für sämtliche Beteiligten im Projekt.

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«Es gibt drei typische Schwierigkeiten: erstens eine überhöhte Abhängigkeit von der bisherigen Inhaberschaft. Wenn das Unternehmen nur mit der bisherigen Inhaberschaft funktioniert, ist eine Übergabe kaum möglich. Zweitens unstrukturierte oder schlecht dokumentierte Prozesse. Ohne klare Abläufe ist es schwierig, Verantwortlichkeiten zu übertragen. Drittens unscharfe Rollen und Zuständigkeiten. Sind Kompetenzen nicht klar verteilt, entsteht Verunsicherung – besonders, wenn die Führung wechselt.»

Wie gelingt eine erfolgreiche Nachfolge?
Nachfolge gelingt dort, wo das Projekt wichtiger wird als die Person, die es gestartet hat. Frühzeitige Planung und externe Begleitung sind entscheidend. Es ist essenziell, den Prozess nicht improvisiert oder nebenbei laufen zu lassen, sondern klar und strukturiert anzugehen. Wer rechtzeitig startet, gewinnt Handlungsspielraum und sichert langfristig den Erfolg.

Haben Sie zum Schluss noch eine Empfehlung für Unternehmer:innen?
Beginnen Sie frühzeitig. Aus Erfahrung wissen wir: Vom ersten Gedanken bis zur Übergabe vergehen meist vier bis acht Jahre. Es gibt keinen zu frühen Zeitpunkt, um die Nachfolge anzupacken – aber definitiv einen zu späten. Starten können Sie beispielsweise mit dem kostenlosen KMU-Check auf unserer Website, bei dem Sie in wenigen Minuten erfahren, wie übergabefähig Ihr Unternehmen ist.

Übernehmen oder gründen?
Bei der Übernahme eines bestehenden Unternehmens profitieren Unternehmer:innen von bestehendem Know-how, etablierten Kund:innenbeziehungen und einem soliden Geschäftsmodell. Während nur etwa die Hälfte aller Start-ups die ersten fünf Jahre überlebt, liegt die Erfolgsrate bei übernommenen KMU laut Dun & Bradstreet («KMU Nachfolge Schweiz», 2024) bei beeindruckenden 95 Prozent. Allerdings fällt eine Unternehmensübernahme oft genau in jene Lebensphase, in der auch die Familiengründung oder der Immobilienerwerb anstehen. Deshalb bietet es sich an, gemeinsam als Unternehmer:innenteam zu übernehmen. Dadurch verteilt sich die Verantwortung auf mehrere Schultern und auch finanzielle Risiken lassen sich besser stemmen.

Nachfolgeoptionen

FBO: Familieninterne Nachfolge (Family-Buy-out)

Bei einer familieninternen Nachfolge wird das Unternehmen der nächsten Generation oder anderen Familienangehörigen weitergegeben. Voraussetzung für dieses Szenario ist, dass sich das ausgewählte Familienmitglied als geeignet für die Geschäftsleitung erwiesen hat und bereit ist, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Gibt es in der Familie weitere Geschwister, muss über die finanzielle Gleichstellung aller Familienmitglieder eine Einigung erzielt werden.

MBO: Übergabe an Mitarbeitende (Management-Buy-Out)

Bei dieser Form der Unternehmensübernahme kauft das bestehende Managementteam eines Unternehmens (also leitende Angestellte oder Führungskräfte) das Unternehmen ganz oder teilweise. Sollen eine oder mehrere Mitarbeitende die Nachfolge antreten, ist es wichtig, dass diese über ausreichend Erfahrung innerhalb des Unternehmens verfügen, mit den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen vertraut sind und als fähig gelten, diese Führungsaufgabe souverän zu meistern. Zudem sollten die Nachfolgekandidat:innen über angemessene Eigenmittel verfügen.

MBI: Verkauf an externe Geschäftsführung (Management-Buy-in)

Beim Gegenstück zum Management-Buy-out wird das Unternehmen von einer externen Käuferschaft übernommen, die bisher nicht im Unternehmen tätig war. Die Übergabe eines Betriebs an eine externe Käuferschaft erfordert einen gut strukturierten Prozess. Dies betrifft nicht nur die die Käufersuche, sondern auch den effektiven Verkaufsprozess. Bei dieser Nachfolgeoption ist eine erhöhte Komplexität zu erwarten, da seitens Kaufinteressierten eine umfangreiche Prüfung des Unternehmens (sogenannte Due Diligence) vorgenommen wird.

M&A: Finanzinvestor (Mergers & Acquisitions)

Ein Finanzinvestor – etwa ein Family Office oder ein Private-Equity-Fonds – beteiligt sich mit Kapital, Branchen-Know-how und einem breiten Netzwerk am Unternehmen. Ziel ist es, den Unternehmenswert zu steigern und die Firma nach einigen Jahren mit Gewinn weiterzuverkaufen. Für grössere KMU kann dies eine interessante Nachfolgeoption sein, da Wachstumsvorhaben und strategische Projekte oft schneller umgesetzt werden können. Wichtig ist jedoch, dass sich Inhaberin und Investor in strategischen Zielen, Zeithorizont und Unternehmenskultur einig sind, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit sicherzustellen.

M&A: strategischer Investor (Mergers & Acquisitions)

Ein strategischer Investor ist in der Regel ein Unternehmen aus derselben oder einer verwandten Branche, das durch den Kauf Synergien erzielen möchte – zum Beispiel durch den Ausbau von Marktanteilen, die Ergänzung des Produkt- oder Dienstleistungsportfolios oder die Erschliessung neuer Märkte. Für KMU kann dies eine attraktive Nachfolgeoption sein, da die Käuferschaft oft bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen, wenn er strategische Vorteile erkennt. Häufig bleiben Arbeitsplätze und Standorte erhalten, da der Erwerber am langfristigen Erfolg interessiert ist. Entscheidend für das Gelingen sind kulturelle Passung, gemeinsame Werte und eine klare Integrationsstrategie.

Liquidation: ordentliche Liquidation Orderly Liquidation

Bei der ordentlichen Liquidation wird das Unternehmen geordnet aufgelöst: Laufende Verpflichtungen werden erfüllt, Vermögenswerte verkauft und der Erlös nach Abzug aller Schulden an die Eigentümer:innen verteilt. Diese Variante kommt meist dann infrage, wenn sich keine geeignete Nachfolgerin oder kein Käufer findet – oft bei sehr kleinen oder stark personenbezogenen Betrieben. Der Vorteil liegt in der klaren, rechtlich sauberen Abwicklung. Allerdings gehen Arbeitsplätze, Kund:innenbeziehungen und das unternehmerische Lebenswerk verloren, was sie meist zur letzten Wahl unter den Nachfolgeoptionen macht.

 

Wir danken Thomas Kocher für das Interview.

Thomas Kocher
Der eidgenössisch diplomierte Steuerexperte Thomas Kocher ist Gründer und Managing Partner der SOLVER Advisory AG in Uster. Seit 2020 begleitet Thomas Kocher zusammen mit seinem Team Klient:innen mit massgeschneiderten Lösungen bei Unternehmensnachfolgen, Transaktionen und Investitionen – mit individuellen, praxisnahen Lösungen und einem klaren Fokus auf nachhaltigen Erfolg. SOLVER Advisory AG ist Mitglied bei der Standortförderung Zürioberland.
solver-advisory.ch

KMU-Check von SOLVER

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Weiterführende Informationen zur Planung von Nachfolgregelungen: Die Broschüre «Stark für die Zukunft» kann über das Media Center bestellt werden.