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Die Goldschürfer vom Zürioberland

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Dieser Artikel ist auch im Zürioberland Magazin vom Oktober 2022 erschienen.

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Die KEZO in Hinwil ist weit mehr als nur eine Verbrennungsanlage von Kehricht. Hinter den Mauern werden jährlich über 15000 Tonnen wertvolle Metalle aus dem Abfall zurückgewonnen. Möglich macht dies eine von der KEZO entwickelte, weltweit einzigartige Thermorecycling-Anlage.

 

Der Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland in Hinwil, kurz KEZO, ist als Kehrichtverbrennungsanlage weitherum bekannt, das Gebäude mit seinem rot-weissen Kamin gehört seit Jahrzehnten zum Gemeindebild dazu. Der Kamin ist seit Längerem stillgelegt und stösst keinen Rauch mehr aus. Was aber viel spannender ist: Hinter den Mauern der KEZO verbirgt sich eine weltweit einzigartige Anlage zur Gewinnung von wertvollen (Edel-)Metallen.

Energielieferant und Goldgrube
Durch das Verbrennen von Haushalts- und Industrieabfall entsteht bei der KEZO in Hinwil nicht nur viel Energie, die als Fernwärme und Strom wiederverwendet wird – im Jahr 2021 waren es rund 62 000MWh Wärme und 133 000 MWh Strom. In der Schlacke, so nennt man den nach dem Verbrennen übrig bleibenden Stoff, steckt noch viel Gutes drin, unter anderem Gold und Silber sowie Kupfer, Zink, Eisen und Aluminium.

Urban Mining in Hinwil
Dem Thema Rohstoffgewinnung aus Abfall hat sich die im Jahr 2010 gegründete Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung (ZAR) verschrieben. Die Stifter sind die KEZO, der Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) und das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich. Gemeinsam will man zur Reduktion der klimarelevanten Gase aus der Abfallbehandlung beitragen, die wertvollen Stoffe aus der Schlacke, aus der Elektrofilterasche (Zink) und der Klärschlammasche (Phosphor) zurückgewinnen und damit die nachhaltige Kreislaufwirtschaft fördern.

Eigenentwicklung aus Hinwil
Genau dies ist dem KEZO-ZAR-Team gelungen. Mit der in Hinwil entwickelten, weltweit einzigartigen Thermorecycling-Anlage der ZAV Recycling AG wird heute Schlacke aus fünf Schweizer KVA aufbereitet. Die Recycling-Anlage konnte im letzten Jahr über 15 000 Tonnen an exklusiven Wertstoffen zurückgewinnen und damit dazu beitragen, rund 100 000  Tonnen CO2 einzusparen. «Denn mit dem Thermorecycling wird auch ein wirkungsvoller Beitrag zur Reduktion der CO2-Belastung geleistet», sagt Daniel Böni, Geschäftsführer  der KEZO und Verantwortlicher für den Betrieb und die Weiterentwicklung der Thermorecycling-Anlage. «Ohne die Unterstützung des Verwaltungsrates und der Delegierten der  KEZO sowie der Stiftung ZAR wäre dies nicht möglich gewesen», betont Böni. «Beide unterstützen die ökologischen Bemühungen sehr stark. Das ist entscheidend.»

50 Kilo Gold jährlich
Aus 100 000 Tonnen Schlacke gewinnt die Anlage 50 Kilo Gold (Wert ca. CHF 3 Mio.), 1500 Kilo Silber sowie 550 000 Kilo Kupfer. Dazu kommen 2700 Tonnen Aluminium und 10 000 Tonnen Eisen. «Der Kupfergehalt unserer Schlacke ist mindestens so hoch wie im Erz einer Kupfermine, und pro Tonne Feinschlacke holen wir genauso viel Gold heraus  wie aus einer Tonne Erz aus einer guten Goldmine in Südafrika», sagt Daniel Böni. Ein Werk von Mechanikern, nicht von Studierten Daniel Böni sieht im Thermorecycling nicht  nur wesentliche Vorteile für die Umwelt und ist überzeugt, dass diese Entwicklung erst der Anfang ist. Er ist auch stolz darauf, dass die Anlage das Werk seiner eigenen Crew ist. «Nicht etwa beigezogene ETH-Ingenieure und andere Studierte haben diese Anlage geschaffen, sondern unsere eigenen, ganz normalen Berufsleute, die viel Leidenschaft und Erfahrung mit unseren Anlagen haben.»

Besuche aus aller Welt
Die Innovation aus dem Zürioberland hat sich herumgesprochen: Von überall auf der Welt besuchen Interessierte die Anlage in Hinwil. Das Konzept stellt die Stiftung jedem zur  Verfügung, der es nutzen möchte. Unentgeltlich. «Die Stiftung ZAR sieht sich als aktive Botschafterin, damit das Thermorecycling als Chance für die international propagierte  Kreislaufwirtschaft und als Massnahme zum Schutz des Klimas wahrgenommen wird. Sie macht kein Big Business daraus», so Böni.

Erfolg steigert Attraktivität als Arbeitgeber
Die Innovation bietet der KEZO noch einen anderen Vorteil: Sie steigert die Attraktivität als Arbeitgeber in der Region. Am Standort der KEZO sind 75 Mitarbeitende beschäftigt,  darunter vor allem Mechaniker:innen, Elektriker:innen sowie Mitarbeitende für die Schicht. Für gewisse Aufgaben arbeitet die KEZO auch mit der Stiftung Züriwerk zusammen.  Die meisten unserer Mitarbeitenden kommen aus der Region und sind schon lange für uns tätig», freut sich Daniel Böni, der selbst seit 22 Jahren bei der KEZO arbeitet, in  Wetzikon aufgewachsen ist und heute mit seiner Familie im Zürcher Unterland lebt. Bis jetzt hätten sie keine Probleme mit der Besetzung von offenen Stellen.