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Dekantieren – tranchieren – flambieren

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Dieser Artikel ist auch im Zürioberland Magazin vom 24. Oktober 2025 erschienen.

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Der Fachkräftemangel in der Gastronomie ist eine grosse Herausforderung. Das zeigt sich bereits bei der Rekrutierung von Lernenden. Im Zürcher Oberland stehen die Gastronomiebetriebe in direkter Konkurrenz mit der Stadt Zürich, die für junge Menschen dank guter ÖV-Anbindung und vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten besonders attraktiv ist. Um motivierte Nachwuchskräfte zu gewinnen, braucht es heute mehr als eine Standardlehre.

Die Waldmannsburg thront seit den 1930er-Jahren auf einem Hügel oberhalb der Stadt Dübendorf und steht für gepflegte Gastlichkeit und Schweizer Küche. Fabian Aegerter hat die Gesamtführung 2017 von seinem Vater Peter und seinem Geschäftspartner Ruedi Frei übernommen. Das Team der Waldmannsburg fällt immer wieder durch innovative Ideen auf. Dass dies nicht Selbstzweck, sondern ein bewusstes für einen starken Nachwuchs ist, zeigt ein Blick hinter die Kulissen.

«08/15» reicht nicht
Fabian Aegerter hat schnell realisiert, dass es nicht reicht, in der Küche und im Service eine Standardlehre anzubieten. Sein Gastrounternehmen steht bei der Gewinnung von Lernenden in unmittelbarer Konkurrenz zur nahegelegenen Stadt Zürich. Wie gewinnt man potenzielle Lernende für den eigenen Betrieb? Laut Aegerter sollen sich die Nachwuchskräfte vom ersten Moment an ernst genommen und abgeholt fühlen. Die Ausbildung in der Waldmannsburg ist für das ganze Team und vor allem für die Praxisbildnerin ein grosses Commitment. Das beginnt schon bei der Schnupperlehre, die fünf Tage dauert. Nur so bekommen die zukünftigen Lernenden einen vertieften Einblick in die Branche und das Team.

«Unsere Ausbildungsphilosophie basiert auf der Überzeugung, dass eine fundierte und ganzheitliche Ausbildung entscheidend ist, um talentierte, motivierte und engagierte Fachkräfte für die Gastronomiebranche auszubilden und somit den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere zu legen», beschreibt Fabian Aegerter seinen Ansatz. Er betont aber auch, dass die Lernenden ihren Teil zu einer erfolgreichen Ausbildung beitragen müssen. So spricht er von einer Holschuld und ergänt – passend zur Branche –, dass den Lernenden die Ausbildung nicht auf dem Silbertablett serviert werde.

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Begeisterung und Wertschätzung sind die Basis für eine nachhaltige Zukunft in der Gastronomie. © Waldmannsburg

Ganzheitlicher Ansatz
In der Waldmannsburg durchlaufen die Nachwuchskräfte neben der Berufsschule, den überbetrieblichen Kursen und der betrieblichen Ausbildung vor Ort zusätzlich Praktika und Kurse in Partnerbetrieben. Die Spannbreite dieser Stages reicht vom Einblick in eine Spitalküche bis hin zur Spitzengastronomie im Ausland.

Fabian Aegerter legt neben den fachlichen Fähigkeiten grossen Wert auf die Vermittlung von Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit und Teamarbeit. Die Lernenden im Service haben schon sehr früh direkten Gästekontakt. Dadurch gewinnen sie Sicherheit und erfahren, dass das Servieren der Speisen und Getränke nur ein Teil des Berufsbilds ist.

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Michelle Walser

Chef de Rang/Praxisbildnerin, Restaurant Waldmannsburg

««Ich habe in der Waldmannsburg als Lernende angefangen – heute bilde ich selbst aus. Ich bin motiviert, Verantwortung zu übernehmen und die Freude am Beruf weiterzugeben.»»

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© Waldmannsburg

«Living Gastro»
Die Soft Skills der Nachwuchskräfte werden mit Lernendenprojekten gezielt gefördert. «Living Gastro» ist das Leuchtturmprojekt im Bereich Service und wird seit einigen Jahren erfolgreich durchgeführt. Die Lernenden gestalten einen Abend gehobener Gastronomie selbstständig, lebendig und unterhaltsam: Direkt vor den Augen der Gäste richten sie die einzelnen Gänge an und glänzen mit ihren Weinkenntnissen. Die angehenden Berufsleute tranchieren, filetieren und spätestens beim Flambieren schlägt die Flamme der Begeisterung auf die Gäste über. So wird der Restaurantbesuch zu einem unvergesslichen Erlebnis.

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«Living Gastro»: Mit Feuer und Flamme dabei. © SZO

Das Team der Waldmannsburg ist überzeugt, dass die Begeisterung für den Beruf und die Branche ein wesentlicher Treiber für langfristigen Erfolg und eine nachhaltige Karriere in der Gastronomie ist. Die Lernenden belegen bei den Abschlüssen regelmässig Spitzenplätze.

Der Verbleib der ehemaligen Lernenden in der Branche ist für Fabian Aegerter zentral. Die Zürcher Oberländerin Michelle Walser hat sich entschieden, nach ihrem Lehrabschluss in der Waldmannsburg zu bleiben. Heute ist sie Chef de Rang: «Ich habe in der Waldmannsburg als Lernende angefangen – heute bilde ich selbst aus. Ich bin motiviert, Verantwortung zu übernehmen und die Freude am Beruf weiterzugeben.»

GastroZürich Oberland: Anerkennung für die Lehrbetriebe

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Der Verband hat eine neue Auszeichnung ins Leben gerufen, die allen Lernenden sowie ihren Ausbildungsbetrieben gewidmet ist. Damit sollen die Ausbildungsbetriebe für ihr grosses Engagement gewürdigt und gleichzeitig weitere Betriebe zur Teilnahme an der Berufsbildung motiviert werden. 2025 wurde die Auszeichnung erstmals erfolgreich verliehen.